Elektrophysikalische Verfahren (Mikrowelle, HF)

Partielle Wärmebehandlung an verbautem Holz

Von Schadinsekten befallene Objekte oder Bauteile (z.B. Parkettböden, Treppen oder Balken) können nach dem Standard DIN EN 16790 mit dem Mikrowellen-Verfahren durch erhöhte Temperaturen behandelt werden. Das Verfahren bietet einen schnellen Temperaturanstieg im Material und die verbundene Abtötung von holzzerstörenden Insekten durch das erwärmte Medium “Holz”.

In der Praxis kommen zwei Systeme von unterschiedlichen Herstellern zum Einsatz, wo man zwischen Hornantennen und Schlitzantennen unterschieden kann (siehe Bilder oben). Die jeweiligen Antennen am Holz werden über Mikrowellengeneratoren mit mehrstufiger Leistungsregulierung gespeist. Eine Überwachung der Temperatur ist über isolierte Messfühler im Holz möglich und kann zusätzlich mit einer Wärmebildkamera (siehe Bilder oben) visualisiert und dokumentiert werden.

Die Wirksamkeit von Mikrowellen wurde in unabhängigen Laborversuchen gegenüber dem Gemeinen Nagekäfer, Hausbockkäfer und Echten Hausschwamm geprüft und nachgewiesen (Steinbach et.al. 2012). Durch eine Erhöhung der Anwendungstemperaturen konnten im Labor die Einwirkzeiten zur Abtötung von Hausbocklarven bei 60°C auf 8 Minuten und bei 70°C auf 4 Minuten reduziert werden (Fennert et.al. 2013). Nach Becker und Loebe (1961) reagieren sowohl die Larven des Gewöhnlichen Nagekäfers als auch diejenigen des Braunen Splintholz­käfers in Bezug auf Hitze sensibler als Haus­bockl­arven.

Nachteilig kann das Risiko durch Schäden an Objekten mit gemischten Materialien sein, wie z.B. Metallelemente oder Oberflächenbeschichtungen. Nach spanischen Forschungsarbeiten von Lluch (2013) an einem Jugendstil-Gebäude zeigten sich weder Schäden am Holz, noch an den Oberflächen der Kunstwerke, einschließlich Pigmente, Polituren, Beizen usw.

Nach der Holzschutznorm DIN 68800 Teil 4 (Ausgabe 2020-12 NEU) stellt der Einsatz von elektrophysikalischen Verfahren, wie die Mikrowellen-Technologie oder Hochfrequenz (HF) eine bewährte Bekämpfungsmethode für einen partiellen Befall von holzzerstörenden Insekten oder Pilzen dar.

Zur Bekämpfung von holzzerstörenden Pilzen, wie der Echte Hausschwamm, dient das Mikrowellen-Verfahren als Sonderverfahren gemäß WTA-Merkblatt 1-10 Sonderverfahren im Holzschutz, Teil 1 Bekämpfungsmaßnahmen (Ausgabe 9-2015/D) )

Weitere Methoden zur Erwärmung von Holz sind die Hochfrequenz- (HF) oder Infrarot-Strahlung (IR). Diese zwei Methoden werden im Gegensatz zur Mikrowellen-Technologie in der Praxis kaum verwendet. Bei der Hochfrequenztechnik handelt es sich um zwei gegenüberliegende Metallplatten, die das schädlingsbefallene Holz einschließen (Sandwich). Mit Hilfe eines Hochfrequenzgenerators wird eine Wechselspannung (50 Hz) im Holz zwischen den Metallplatten erzeugt und eine Wärme bis zu mindestens 55°C erzeugt. Das Infrarotverfahren eignet sich überwiegend für massive Bauteile wie Wände, Decken oder Böden zur Bekämpfung des Echten Hausschwamms durch Wärmestrahlung. Infrarotstrahler können mit Elektroenergie, Öl oder Propangas betrieben werden, um Moleküle im Mauerwerk oder Holz zum Schwingen anzuregen und kontrollierte Wärme zu erzeugen. Die Anwendung der genannten Wärmeverfahren erfordert neben spezieller Anwendungstechnik auch praktische und technische Erfahrung des Betreibers. Entsprechende Fachfirmen sind nur in sehr geringer Anzahl in der Praxis zu finden.

Momentan läuft auch die Forschung zur Anwendung von Radiowellen an Gebäudeteilen zum Holzschutz oder Dekontamination.

Literatur

Baumann-Ebert S und Körner J. (2013) Integrierter Holzschutz unter Einsatz des Mikrowellenverfahrens am Beispiel einer klassizistischen Stadtvilla mit Befall durch den Echten Hausschwamm. EIPOS-Tagungsband Holzschutz 2013. S. 28-57

Becker G, Loebe I (1961) Hitzeempfindlichkeit holzzerstörender Käferlarven. Anzeiger f. Schädlingskunde 34: 145-149

DIN 68800-4 / 2020-12 Holzschutz – Teil 4: Bekämpfungs- und Sanierungsmaßnahmen gegen holzzerstörende Pilze und Insekten

DIN 68800 Teil 1 bis 4 Praxiskommentar (2022), Beuth Verlag GmbH, Berlin.

Fennert, Schumacher, Biebl (2013) Bekämpfung des Hausbocks Hylotrupes bajulus (L.) durch Hitze – neue Randbedingungen Holztechnologie, Ausgabe 1, S. 16-20

Lluch A.M. et al. (2013) Microwaves as a Remedial Treatment of Wood. Advanced Materials Research, Vol. 778. pp 620-627

Philbrick C.T. (1984) Comments on the use of the microwave as a method of herbarium insect control: possible drawbacks. Taxon News 33: 73-74

Plinke, B. (1998b): Zur Bekämpfung holzzerstörender Insekten mit Mikrowellen. In: P. Böttcher und L.
Mehlhorn: Fachwerkforschung : Beiträge zur Erhaltung, S. 30-33. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 1998

Rafalski H-J, Steinbach S. (2004) Kleine Wellen gegen große Zerstörer. B+B Bauen im Bestand 26: 6, 37-41

Steinbach S. und Querner P. (2018) Einsatz von Mikrowellentechnologie im Schloss Schönbrunn. Schützen und Erhalten März 2018 S. 36-39

Steinbach S., Plarre R. und Klutzny K. (2012) Untersuchungen zur Wirksamkeit von Mikrowellen, in: Schützen & Erhalten, 3, S. 29-31

Steinbach S. (2006) Holz unter Einfluss von Mikrowellen – eine Alternative bei der Bekämpfung holzzerstörender Pilze und Insekten. Holztechnologie 47 Nr. 4 39-46

Unger, A.; Steinbach, S.; Buczynski, B 2008 Mikrowellen zur Bekämpfung eines Splintholzkäferbefalls im Parkett des Bodemuseums Berlin. Bauphysik und Bausanierung. 19. Hanseatische Sanierungstage vom 13. bis 15. November 2008 im Ostseebad Heringsdorf/Usedom. Vorträge. Hrsg.: S:111-125



Stephan Biebl

Dipl.Ing. (FH) Holztechnik
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