Gemeiner oder Gewöhnlicher Nagekäfer

Holzschädling in historischen Gebäuden und Freilichtmuseen

Gemeiner Nagekäfer Anobium punctatum

Der Gemeine Nagekäfer gehört zur Familie Ptinidae, Unterfamilie Anobiidae. Weitere Arten sind der Trotzkopf Coelostethus pertinax, Weicher Nagekäfer Ernobius mollis, Gekämmter Nagekäfer Ptilinus pectinicornis, Südlicher Nagekäfer Oligomerus ptilinoides oder der Gescheckte Nagekäfer Xestobium rufovillosum auch Bunter Nagekäfer bzw. Totenuhr genannt. Von Amerika nach Europa eingeschleppt, stammt die Gattung Calymmaderus mit drei Untergattungen, die dem Südlichen Nagekäfer ähnlich kommt.

Biologie Die 3-4mm dunkelbraunen Käfer haben ein gewölbtes Halsschild, das kapuzenartig über den Kopf gezogen ist. Die Entwicklungsdauer der Larven beträgt mindestens 2-3 Jahre und je nach Bedingungen auch länger. Der 3-5mm große Käfer ist meist dunkelbraun, gelegentlich heller oder schwarzbraun. Die Flügeldecken sind mit längs laufenden, deutlich hervortretenden Punktreihen versehen. Insgesamt legt das Nagekäfer-Weibchen zwischen 20 und 30 Eier, die auch häufig in alte Ausfluglöcher gelegt werden!

Lebensweise: Die Käfer treten in der Ausschlupfzeit (März) April bis August aus kreisrunden Ausfluglöchern aus und leben an Nadel- und Laubholz. Aufgrund der notwendigen Holzfeuchte, findet man den Gemeinen Nagekäfer normalerweise nur in kühlen und feuchten Räumen, wie Freilichtmuseen mit nicht klimatisierten Gebäuden, Kirchen, Tennen, Kaltspeichern oder Kellerräumen ohne Heizung. In zentralbeheizten Wohnräumen oder Museen ist die Entwicklung der Larven im Holz nicht möglich, wenn die Holzfeuchtigkeit bei gewöhnlich 8-10% liegt. Siehe auch Beitrag über Umweltbedingungen. Die für die Larven optimale Temperatur liegt nach Literaturangaben zwischen 22°C und 23°C, die optimale Holzfeuchtigkeit bei 30%. Diese Daten können aber in der Praxis auch abweichen und die Holzfeuchte nur bei 12 bis 20% liegen. Splintholz wird als Nahrung bevorzugt, was sich beispielsweise an splintholzhaltigem Eichenholz zeigt.

Schäden: Das Holz ist von Fraßgängen durchzogen, die Ausschlupflöcher haben einen 1 bis 2 mm kreisrunden Durchmesser. Aufgrund der sogenannten „Ortstreue“ der Käfer wird ein befallenes Holz meist bis zur völligen Zerstörung immer wieder besiedelt. Durch die langsame Entwicklung der Larven kommt es aber nur über längere Zeiträume von mindestens 5-10 Jahren zu Schäden an tragenden oder aussteifenden Bauteilen oder beispielsweise Skulpturen, Möbel oder Ausstattungen in Kirchen.

Das häufigste Schadmerkmal am Holz ist das auftretende Bohrmehl oder Fraßmehl, dass von den holzzerstörenden Insekten selbst ausgestoßen wird oder von natürlichen Feinden (Antagonisten oder Sekundärinsekten) stammen kann. In der Praxis findet sich Bohrmehl oft in unterschiedlichen Mengen, Partikelgrößen, Färbungen und verschiedene Kegelformen, so dass es als komplexes Thema bei der Differenzierung und Bewertung angesehen werden kann. Eine grundsätzliche Faustregel lautet: Je mehr Bohrmehl aus dem Holz kommt, desto wahrscheinlicher sind es biologische Gegenspieler oder Holzbewohner (Biebl 2021).

Monitoring
KäferLarven
Papierabklebungen (mit Ausfluglöchern)
Auffinden von lebenden oder toten Tieren
Auffinden von Bohrmehl (Fraßmehl) bestehend aus Genagsel und Kotpartikeln
Fraßgeräusche nur mit technischen Hilfsmitteln detektierbar
Hinweis: Pheromone wurden in der Vergangenheit von der Firma AgriSense produziert (Child/Pinniger 1996). Aktuell sind „weltweit“ keine Fallen mit Pheromonen für Anobium punctatum verfügbar (Stand 2021)

Eine grundsätzliche Faustregel beim Monitoring lautet: Je mehr Bohrmehl aus dem Holz kommt, desto wahrscheinlicher sind es biologische Gegenspieler oder Holzbewohner (Biebl 2021)

Literatur

Baker, J. M.; Laidlaw, R. A.; Smith G.A. (1970) Wood Breakdown and Nitrogen Utilisation by Anobium punctatum Deg. Feeding on Scots Pine Sapwood. In: Holzforschung 24 (2), 45–54

Biebl S. (2021) Diagnose von aktivem Holzwurmbefall, Update 2021. Restauro 6. S. 28-34

Biebl S. & Querner P. (2020) Transportation of Wood Boring Beetles in Wooden Transport Boxes, Wooden Pallets, and Newly Bought Wood in Museums, Studies in Conservation, 66:1, 44-50

Child R.E., Pinniger D.B. (2014) Current status and treatments for Anobium punctatum. In: Muller G. et al. (Hg.) The 8th International Conference on Urban Pests. Veszprém: OOK Press Kft. 329-334

Flohr E. (2007) Der Südliche Nagekäfer Oligomerus ptilinoides, Schützen und Erhalten Ausgabe 3, S. 8-9

Hickin N.E. (1981) The Woodworm Problem, The Rentokil Library. 3rd Edition. 123 p.

Pinniger D.B. and Child R.E. (1996) Woodworm – A necessary Case for Treatment? New Techniques for the Detection and Control of Furniture Beetle. Proceedings of the Second International Conference on Urban Pests. K.B. Wildey (editor) 353-359

Pospischil R. (2009) Nagekäfer – 11 bedeutsame Arten. DpS 10. S. 8-11

Ridout, B. (2000) Timber Decay in Buildings. E and FN Spon, London.

Ridout, B. (2012) Timber. English Heritage. 131-177

Vaiedelich, S. and S. Le Conte (2013) In situ acoustical detection of Xylophage. Programme International Conference on IPM in museums, archives and historic houses, Vienna 2013: 70

Wilamowski A., Schnur H., Kessler I., Navarro S. (2008) Anobium punctatum (Coleoptera,Anobiidae), a new pest of books in Israel. IOBC/wprs Bulletin, 40: 23-28

Gemeiner Nagekäfer – DSV Berufsverband | Deutscher Schädlingsbekämpfer-Verband e.V. (dsvonline.de)

Stephan Biebl

Dipl.Ing. (FH) Holztechnik
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